Johann Adam Bergk
Johann Adam Bergk (* 27. Juni 1769 in Hainichen bei Zeitz[1]; † 27. Oktober 1834 in Leipzig) war ein deutscher Privatgelehrter, Übersetzer und Philosoph.
Über akademische Qualifikationen ist nichts Sicheres bekannt. Der zeitgenössische Nekrolog erkennt ihm den Titel eines „D[octors der] Philos[ophie] und der Rechte“[2] zu, nennt jedoch bei der Auflistung seiner Werke keine Dissertation. Bergk führt in seinen Publikationen eher selten einen Titel.[3]
Er war verheiratet mit Emilie Wilhelmine Auguste Agricola[4]. Beider Sohn ist der namhafte deutsche Altphilologe Theodor Bergk (1812–1881).
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Er veröffentlichte zeit seines Lebens populär-philosophische Schriften unter seinem Namen, anonym oder unter vielfältigen Pseudonymen, von denen in der Bibliographie fast 30 (mit zusätzlichen Nebenformen)[5][6] bekannt sind. Diese Werke beziehen sich auf die Philosophie Immanuel Kants, auf Psychologie, Rechts- und Religionsphilosophie. Einige Autoren rechnen ihn zu den Deutschen Jakobinern,[7] wobei dies seiner Argumentation für Reformen, die Revolutionen zu verhindern helfe, widerspricht.[8]
Wie viele seiner Zeitgenossen (u. a. Gustav von Schlabrendorf, Thomas Holcroft) trat er für die Ideen der französischen Revolution ein, war aber andererseits ein scharfer Gegner Napoleons, seiner Eroberungszüge und der von ihm neu geschaffenen europäischen Ordnung. Er hatte die Vision eines Deutschlands ohne Österreich und Preußen innerhalb der „natürlichen Grenzen“ von Donau, Rhein, Weser und Elbe.[9][10] Der von ihm mitverfasste[11] zweite Band der Schrift von Gustav von Schlabrendorf Napoleon wie er leibt und lebt und das französische Volk unter ihm fasst in einer Vorrede, die ein vernichtendes Urteil über Napoleon darstellt, Bergks Position zusammen – kurz nach der Völkerschlacht bei Leipzig noch anonym.
Denn Bergk kam insbesondere zur Zeit der Französischen Revolution und der napoleonischen Oberherrschaft in Sachsen immer wieder in Konflikt mit der Zensur. So wurde unter anderem die von ihm herausgegebene Zeitschrift "Der europäische Aufseher" wegen franzosenkritischem Inhalt verboten[12].
Bergk war zeitlebens auf seine Einnahmen als Schriftsteller angewiesen. Über die bereits genannten Themen hinaus zählt man mehrere Veröffentlichungen, die unter dem Anstrich einfacher Ratgeber („Die Kunst, ... zu...“) tiefsinnige philosophische Betrachtungen über den jeweiligen Gegenstand enthalten. Nur die bekannteste Schrift aus dieser Serie, „Die Kunst Bücher zu lesen“, erreichte zu seinen Lebzeiten eine zweite Auflage. Dass Bergk, wie sein Freund Gustav von Schlabrendorf, sich auch für die Frauenrechte einsetzte, ist weitgehend unbekannt. Seine Schrift „Über die Vertheidigung der Rechte der Weiber“ (Leipzig 1829[13]) ist allerdings verloren.
Vermutlich lukrativer waren die mehr als zwanzig Reiseberichte von Forschungsreisenden und landeskundlichen Schilderungen außereuropäischer Länder, die er aus dem Englischen oder Französischen übersetzte[14].
Es gelang ihm nie, eine Professur zu erhalten, was vermutlich auch an seinen konstitutionalistischen politischen Vorstellungen lag.[15] Er zählte zu der sich in Leipzig zu der Zeit herausbildenden "reform-liberalen Elite", die nicht mehr durch Ämter in den ständischen Staat eingebunden waren.[16]
Bergk war Besitzer einer riesigen „über alle Fächer der Wissenschaften sich verbreitenden Büchersammlung“, die 14165 Titel umfasste. Sie wurde zwei Jahre nach seinem Tod in Leipzig „gegen baare Zahlung in preuß[ischen] Cour[ant] gerichtlich versteigert.“[17]
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Kunst, Reich zu werden. Nebst Franklin´s armem, altem Richard oder Anweisung über denselben Gegenstand. Expedition des europäischen Aufsehers, Leipzig. 1824 (Erstausgabe)
- Untersuchungen aus dem Natur-, Staats- und Völkerrechte mit einer Kritik der neuesten Konstitution der französischen Republik. Neudruck: Scriptor, Kronberg i. Ts. 1975, ISBN 3-589-15038-6.
- Entwurf zu einer Verfassung für das teutsche Reich und andere Schriften über die Anfänge des Konstitutionalismus. Hrsg. und mit einem Anhang versehen von Anita Jeske. Haufe, Freiburg 2001, ISBN 3-448-04830-5.
- Die Kunst, Bücher zu lesen. Nebst Bemerkungen über Schriften u. Schriftsteller. Jena 1799 (Digitalisat der Bayrischen Staatsbibliothek), 2. Auflage 1828. Nachdruck Verlag Dokumentation Saur, Pullach 1971, ISBN 3-7940-3012-5 und Zentral-Antiquariat d. Dt. Demokrat. Republik, Leipzig 1967, DNB 456075771.
Übersetzungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- C[harles] F[rançois] Tombe: Reise in Ostindien in den Jahren 1802 bis 1806. Mit Anmerkungen und Erläuterungen von C[harles Nicolas] S[igisbert] Sonnini [de Manoncourt] und mit einigen Zusätzen aus dem Französischen übers. von J[ohann] A[dam] Bergk. Leipzig 1811 (Digitalisat in der Google-Buchsuche); Übersetzung von: C[harles] F[rançois] Tombe: Voyage aux Indes Orientales pendant les années 1802, 1803, 1804, 1805 et 1806. Revu et augmenté de plusieurs notes et éclaircissemens par C. N. S. Sonnini. T. 1. Paris 1810 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- [Pierre Alexandre Édouard Fleury de Chaboulon:] Denkwürdigkeiten über Napoleons Privatleben, Rückkehr und Regierung im Jahre 1815. Von seinem Privat- und Cabinetssecretär [Pierre Alexandre Édouard] Fleury von Chaboulon. Aus dem Französischen [von Johann Adam Bergk] übersetzt. Leipzig, in der Baumgärtnerschen Buchhandlung. 1820. [XII, 308 Seiten.]; Übersetzung von: Pierre Alexandre Edouard Fleury de Chaboulon: Mémoires pour servir à l’Histoire de la Vie privée, du Retour et du Règne de Napoléon en 1815. 2 Bände. London (England) 1819–1820.
- Des Marchese Beccaria's Abhandlung über Verbrechen und Strafen / Von neuem aus dem Italiänischen übersetzt. Mit Anmerkungen von Diderot, mit Noten und Abhandlungen vom Uebersetzer, mit den Meinungen der berühmtesten Schriftsteller über die Todesstrafe nebst einer Kritik derselben, und mit einem Anhange über die Nothwendigkeit des Geschwornengerichts und über die Beschaffenheit und die Vortheile desselben in England, Nordamerika und Frankreich / von J[ohann] A[dam] Bergk. (Band 2: Etwas geänderter Nebentitel, ohne Nennung des Übersetzers.) (Cesare Beccaria: Dei delitti e delle pene [dt.]). Band 1, 2. Beygang, Leipzig 1798. Digitalisat von Band 1, Digitalisat von Band 2.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Helge Buttkereit: Zensur und Öffentlichkeit in Leipzig 1806-1813 (= Kommunikationsgeschichte; 28). LIT, Münster 2009, ISBN 978-3-643-10168-6.
- Vanda Fiorillo: Die politische Revolution als moralische Pflicht im jakobinischen Kantianismus von Johann Adam Bergk (= Leipziger Juristische Vorträge; 48). Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2001, ISBN 3-934565-89-1.
- Onno Frels: Buch und Leser bei Johann Adam Bergk. Eine Studie zu Funktionsbestimmung und Didaktik des Lesens in der deutschen Spätaufklärung. In: Bibliothek. Forschung und Praxis. 10 (1986), S. 239–276 (doi:10.1515/bfup.1986.10.3.239).
- Anita Jeske: Demokratisches Denken im Zeichen des monarchischen Konstitutionalismus. In: Johann Adam Bergk: Entwurf zu einer Verfassung für das teutsche Reich und andere Schriften über die Anfänge des Konstitutionalismus. Herausgegeben und mit einem Anhang versehen von Anita Jeske. Haufe, Freiburg 2001, ISBN 3-448-04830-5.
- Arthur Richter: Bergk, Johann Adam. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 389.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Johann Adam Bergk im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Johann Adam Bergk in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Johann Adam Bergk im Internet Archive
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Johann Adam Bergk (1769-1834) - Sächsische Biografie | ISGV e.V. Abgerufen am 22. Juli 2024.
- ↑ Neuer Nekrolog der Deutschen Band 12,2 (1834), Vogt, Weimar 1836, Seite 1254–1262. Digitalisat
- ↑ Reise nach Paris. Von Th[omas] Holcroft. Aus dem Englischen übersetzt von J[ohann] A[dam] Bergk, Doctor der Philosophie in Leipzig. Vossische Buchhandlung, Berlin 1806.
- ↑ Nekrolog, S. 1254
- ↑ Deutsche Nationalbibliothek gnd=116132655 [1]
- ↑ Deutsche Biographie, Bergk, Johann Adam: Namensvarianten [2]
- ↑ vgl. Vanda Fiorillo: Die politische Revolution als moralische Pflicht im jakobinischen Kantianismus von Johann Adam Bergk (= Leipziger Juristische Vorträge. 48). Leipzig 2001, S. 21.
- ↑ vgl. Helge Buttkereit: Zensur und Öffentlichkeit in Leipzig 1806–1813 (= Kommunikationsgeschichte. 28). Münster 2009, S. 111 f.
- ↑ Entwurf zu einer Verfassung für das teutsche Reich. Mit Reflexionen über den Einfluß der französischen Revolution auf die Deutschen. Von Philopatros [d. i. Johann Adam Bergk]. Regensburg und Wetzlar 1796, S. 78. Digitalisat der Staatsbibliothek Berlin.
- ↑ Das Digitalisat der Universität Augsburg ist inkomplett.
- ↑ Staatsbibliothek Hamburg [3]
- ↑ vgl. Buttkereit: Zensur und Öffentlichkeit. S. 89 ff.
- ↑ Nekrolog S. 1261
- ↑ Aufgezählt im Nekrolog
- ↑ vgl. Buttkereit: Zensur und Öffentlichkeit. S. 113
- ↑ vgl. Peter Ufer: Leipziger Presse 1789 bis 1815 (= Kommunikationsgeschichte. 9). S. 83 passim und Buttkereit: Zensur und Öffentlichkeit. S. 116.
- ↑ Johann August Gottlob Weigel: Bücher Verzeichniß der aus 14165 Nummern bestehenden und über alle Fächer der Wissenschaften sich verbreitenden Büchersammlung des verstorbenen Herrn Dr. Joh. Adam Bergk, die den 1. September 1836 im rothen Collegio zu Leipzig gegen baare Zahlung in preuß. Cour. gerichtlich versteigert wird. Leipzig, [1836]
Personendaten | |
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NAME | Bergk, Johann Adam |
ALTERNATIVNAMEN | Hainichen (Pseudonym); Jul. Frey (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Privatgelehrter |
GEBURTSDATUM | 27. Juni 1769 |
GEBURTSORT | Hainichen (Thüringen) |
STERBEDATUM | 27. Oktober 1834 |
STERBEORT | Leipzig |